Das »lange Rudern« in der Lagune – die Vogalonga

von Eva Fröhlich

Wenn abgesehen von Gondeln und Wassertaxis eine Mannigfaltigkeit an Kajaks, Kanus, Drachen- und Ruderbooten in allen Stadtvierteln an den Kanälen liegt, fiebert Venedig am Pfingstwochenende der Vogalonga entgegen. Der Steiner Ruder Club hat mit zwei Booten an der 48. »edizione« teilgenommen: Karl-Heinz, Brigitta, Andreas, Georg; Renate, Andrea, Eva, Karin. Schon die sehr individuelle Anfahrt zum Start war (nach einigen schmerzgeprüften Minuten für die Steuerfrau) erhebend – die aus Kanälen aller Richtungen zusammenströmenden Boote führten uns vor Augen, wie international und vielgestaltig das Teilnehmerfeld ist. Mit zwei Doppelvierern befuhren wir die etwa 30 Kilometer lange Strecke, die an der Punta della Dogana (vor der Barockkirche Santa Maria della Salute unweit des Markusplatzes) beginnt und endet.

Bei der nicht kompetitiven Regatta hatten wir genügend Zeit zum Schauen und Staunen: Besonders beeindruckend ist das »voga alla valesana« aus nächster Nähe – das ultimative Schulterworkout mit zwei überkreuzten Holzrudern, die wie bei den venezianischen Gondeln in den »Forcole« (quasi offenen Dollen) liegen. Erkannt wurden wir unsererseits nur von den »Piraten«; andere Teilnehmende rätselten, wer »Steiner« wohl sei (– eine Stadt?! eine Person?! etwa »Rudolf Steiner«?!). Für den finalen Abschnitt ist der Canal Grande reserviert – Schaulustige applaudierten und riefen allen Teilnehmenden »Bravi!« zu. Unter der Rialto-Brücke wurde ein Gruß an die Serenissima entboten. Auf Höhe der dem Canal zugewandten Hotels kreuzten noch ein paar touristenbefördernde Gondeln unseren Kurs, bevor wir am Ziel Urkunden und Medaillen ins Boot geworfen bekamen. Dabeisein war alles: Eine Wertung gibt es bei der Demonstration der durch Muskelkraft statt Motoren betriebenen Flotte so ungleicher Teilnehmer nicht. Zur Streckensicherung ist von Tauchern bis hin zu Booten der Finanzpolizei alles im Einsatz.

Erstmals nicht am Lido logierend, war bootslogistisch Vieles noch unbestimmt. Die Boote wurden vom Bus-Parkplatz Tronchetto aus zu Wasser gelassen; der Tidenstieg hatte nicht immer das beste Timing (was u. a. Schürf- und Schnittwunden nach sich zog) … In Cannaregio durften die Krems und die Favianis in der Nähe eines venezianischen Rudervereins »wildparken«.

Die schönen freien Stunden nutzten wir flanierend in beruhigteren Zonen (wie den Giardini) wie auch mitten im Getümmel. So manches Glas oder manche Karaffe Prosecco – möglichst »freddo«! – wurde bei bester Nachmittagskaffee- und Abendessensstimmung geleert. Unsere verzwickten Anfangsversuche, getrennt zu zahlen, führten dazu, dass uns beinahe das Gedeck (»coperto«) für 44 Ruderer in Rechnung gestellt wurde; damit hätten wir locker auch eine Drachenboot-Mannschaft zusammengebracht. Um der unvergleichlichen Perspektive vom Ruderboot aus auf die Paläste Venedigs auch noch die Perspektive von oben zur Seite zu stellen, besuchten wir die Scala del Bovolo, eine Renaissance-Wendeltreppe, um einen Blick über die Dächer dieser einzigartigen Lagunenstadt zu erhaschen …

 

Kleines Vogalonga-Lexikon

      • Streckenlänge: ca. 30 km

      • Streckenverlauf: Bacino di San Marco – Vignole – Sant’Erasmo – Burano (mit seinen bunten Häusern und dem 3,45 Grad geneigten Campanile) – Hauptkanal durch Murano (für seine Glaskunst bekannt) – Canale di Cannaregio – Canal Grande (Hauptkanal durch Venedig mit den wichtigen Brücken dell’Accademia und di Rialto und bedeutenden Palazzi wie der Ca’ d’Oro)

      • Teilnahmezahl: rund 2.000 Boote (und SUP-Boards)

      • Drachenboot: offenes Paddelboot mit paarweise auf Bänken sitzenden Paddlern, das mit Stechpaddeln bewegt und einem Langruder gesteuert wird; ein Trommler gibt den Rhythmus vor

      • Venezianisch Rudern: Form des Stehend-Ruderns, bei dem in Blickrichtung gerudert wird; das Ruder liegt in einer kunstvoll geschnitzten Gabel (Forcola); das »voga alla valesana« ist eine Variante

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